21. Mai 2022 / Aus aller Welt

Affenpocken-Fälle in Berlin - Zahl der Nachweise steigt

Erst München, nun auch Berlin: In Deutschland sind insgesamt drei Fälle von Affenpocken bestätigt. Nachweise gibt es nun in mindestens acht Ländern Europas - eine weitere Zunahme der Fälle wird erwartet.

Hautläsionen bei Patienten, bei denen Affenpocken nachgewiesen wurden.

Nach einem ersten Fall in München sind nun auch in Berlin zwei Infektionen mit dem Affenpocken-Virus nachgewiesen. Das teilte die Senatsverwaltung für Gesundheit am Samstag mit. Der Zustand der beiden Patienten sei stabil.

Derzeit liefen Ermittlungen zu Kontaktpersonen. An welcher der beiden bekannten Varianten des Erregers die Patienten leiden, ist noch nicht bekannt.

Der Patient in München, bei dem erstmals in Deutschland überhaupt eine Affenpocken-Infektion bestätigt worden war, leidet an der milderen westafrikanischen Variante. Das hat die Genom-Analyse des Erregers am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr ergeben, wie das bayerische Gesundheitsministerium am Samstag mitteilte. Nach Angaben der München Klinik Schwabing vom Freitag ging es dem Patienten gut.

Der aus Brasilien stammende 26-Jährige war von Portugal über Spanien nach München gereist und hatte sich zuvor in Düsseldorf und Frankfurt am Main aufgehalten. Nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums in Nordrhein-Westfalen liegen Hinweise «auf mögliche Kontakte von Personen mit dem Affenpockenvirus» vor. Diesen Hinweisen werde nachgegangen, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Das Landeszentrum für Gesundheit stehe in engem Austausch mit dem Ständigen Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger am Robert Koch-Institut (RKI).

Meist milde Verläufe

Die meisten Fälle, die derzeit untersucht werden, verlaufen nach Angaben von Hans Kluge, Regionaldirektor für Europa bei der Weltgesundheitsorganisation WHO, mild. Nach Angaben vom Freitag sind Fälle in mindestens acht Ländern der WHO-Region bekannt: Außer Deutschland sind das Spanien, Frankreich, Italien, Belgien, Portugal, Schweden und Großbritannien. Auch in Australien, Kanada und den USA wurden Fälle bestätigt - und damit in weiteren Weltregionen außerhalb Afrikas, von wo das Virus stammt. Am Samstag wurde in der Schweiz ein erster Fall nachgewiesen, wie das Kanton Bern mitteilte. In Israel wurde ebenfalls der erste Fall bestätigt. Ein Test bei einem jungen Mann mit entsprechenden Symptomen sei positiv ausgefallen, teilte das Gesundheitsministerium am Samstagabend mit.

Die kürzlich nachgewiesenen Infektionen seien atypisch, weil die meisten Betroffenen nicht nach West- oder Zentralafrika gereist seien, wo die Krankheit endemisch sei, heißt es in dem Statement Kluges. Auffällig sei auch, dass die meisten zunächst entdeckten Infektionen bei homosexuellen Männern nachgewiesen wurden. Dass die Fälle über Europa verteilt festgestellt werden, lege nahe, dass das Virus schon eine Weile weitergegeben werde.

Kluge fürchtet, dass sich die Übertragungen in der Sommersaison mit Massenveranstaltungen, Festivals und Partys beschleunigen könnten. Das Virus werde derzeit bei sexuell aktiven Menschen festgestellt, vielen seien die Symptome unbekannt.

Ansteckungsherd auf Gran Canaria?

Die spanischen Behörden gehen unterdessen der Vermutung nach, dass Partys der Gay Pride auf der Urlauberinsel Gran Canaria ein möglicher Ansteckungsherd für die Infektionen gewesen sein könnten. Das berichtete die Zeitung «El País» unter Berufung auf Quellen im Gesundheitssektor. An der vor allem von Homosexuellen besuchten «Maspalomas Pride» nahmen vom 5. bis 15. Mai etwa 80 000 Menschen aus Spanien und vielen anderen Ländern teil, wie die Zeitung berichtete.

Männer aus Italien, aus Madrid sowie von der Insel Teneriffa, bei denen das Virus nachgewiesen wurde, sollen an den Feierlichkeiten teilgenommen haben. Intimkontakte sind ein möglicher Übertragungsweg für das Virus. Am Freitag hatten Behörden bereits eine Sauna in Madrid geschlossen, weil sich auch dort mehrere Männer angesteckt haben sollen. In Spanien waren bis Freitag 30 Affenpocken-Fälle nachgewiesen. Zudem gebe es weitere 23 Verdachtsfälle.

In Schweden hat die Regierung nach dem ersten bestätigten Fall vom Donnerstag die Affenpocken als für die Allgemeinheit gefährlich eingestuft. «Die Einstufung ermöglicht es, Maßnahmen zum Infektionsschutz zu ergreifen, um die weitere Ausbreitung zu verhindern», erklärte Sozialministerin Lena Hallengren.

Wie das Virus übertragen wird

Gesundheitsbehörden zufolge verursacht das Virus meist nur milde Symptome, kann aber auch schwere Verläufe nach sich ziehen. In Einzelfällen sind tödliche Erkrankungen möglich. Übertragen wird das Virus vor allem über direkten Kontakt oder Kontakt zu kontaminierten Materialien.

Mit der zu beobachtenden Häufung handle es sich bereits um eine Epidemie - es sei jedoch «sehr unwahrscheinlich, dass diese Epidemie lange dauern wird», sagte Fabian Leendertz, Gründungsdirektor des Helmholtz Instituts für One Health (HIOH) in Greifswald und Leiter der Projektgruppe Epidemiologie hochpathogener Erreger am RKI. Die Fälle seien über Kontaktverfolgung gut einzugrenzen. Zudem gebe es Medikamente sowie wirksame Impfstoffe, die eingesetzt werden könnten.

Die Krankheit trägt den Namen Affenpocken, nachdem der Erreger 1958 erstmals bei Affen in einem dänischen Labor nachgewiesen wurde. Fachleute vermuten, dass das Virus eigentlich in Hörnchen und Nagetieren zirkuliert, Affen und Menschen gelten als sogenannte Fehlwirte.


Bildnachweis: © UKHSA/dpa
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