15. August 2022 / Aus aller Welt

RBB-Rundfunkrat beruft Schlesinger als Intendantin ab

Der RBB zieht weitere Konsequenzen aus der Schlesinger-Affäre. Die Intendantin ist mit sofortiger Wirkung abberufen.

Sitz des RBB an der Masurenallee in Berlin. Der Rundfunkrat hat die RBB-Intendantin Schlesinger abberufen.

Der Rundfunkrat des öffentlich-rechtlichen RBB hat Patricia Schlesinger als Intendantin mit sofortiger Wirkung abberufen. Damit wird formal die Vertragsauflösung in die Wege geleitet. 22 der 23 anwesenden Rundfunkratsmitglieder stimmten für die Abberufung, es gab eine Enthaltung, wie die Gremiumsvorsitzende Friederike von Kirchbach am Abend sagte.

Schlesinger war vor rund einer Woche als Chefin des ARD-Senders Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wegen zahlreicher Vorwürfe der Vetternwirtschaft zurückgetreten. Wenige Tage zuvor hatte sie bereits ihren Rückzug als ARD-Chefin angetreten. Der Fall hat den Sender in eine beispiellose Krise gestürzt, die auch auf den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk abstrahlt.

Es blieb am Abend zunächst unklar, ob es zu einer Abfindung kommen wird und wie die Pensionsansprüche aussehen. Das liegt nun in der Hand des Verwaltungsrats. Es wurde kein Zeithorizont für eine Entscheidung genannt.

Schlesinger hat das Haus bereits geräumt

Patricia Schlesinger war seit 2016 Intendantin. Ihre zweite Amtszeit hätte eigentlich bis 2026 gedauert. An der Sitzung des Rundfunkrates hat die 61-Jährige teilgenommen, wie von Kirchbach bestätigte. Aus Kreisen der Teilnehmer verlautete, dass sie sich entschuldigt haben soll. Die «Süddeutsche Zeitung» verbreitete gar ein Redemanuskript, das von Schlesinger stammen soll.

Das Haus hat die 61-Jährige bereits geräumt, wie von Kirchbach weiter sagte. Schlesinger sieht sich zahlreichen Vorwürfen der Vetternwirtschaft ausgesetzt. Im Zentrum steht neben der Managerin und Journalistin der ebenfalls zurückgetretene RBB-Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf. Beide wiesen Vorwürfe zurück. Zudem geht es um fragwürdige Aufträge für Schlesingers Ehemann Gerhard Spörl bei der Messe Berlin, wo Wolf ebenfalls bis zu seinem dortigen Rücktritt Aufsichtsratschef war. Das Online-Medium «Business Insider» hatte den ganzen Fall Ende Juni ins Rollen gebracht.

Verdacht auf Untreue und Vorteilsnahme

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen Schlesinger, gegen den Ex-«Spiegel»-Journalisten Spörl und gegen Wolf wegen des Verdachts der Untreue und Vorteilsannahme.

In dem Fall geht es um Details wie umstrittene Beraterverträge für ein inzwischen auf Eis gelegtes RBB-Bauprojekt, einen teuren Dienstwagen für Schlesinger mit Massagesitzen, die Verköstigung von Gästen in ihrer Privatwohnung auf RBB-Kosten mit angeblich falschen Rechnungen, eine kräftige Gehaltserhöhung für Schlesinger um 16 Prozent auf 303.000 Euro plus einem Bonus-System für Führungskräfte, das der Sender bislang unter Verschuss hält. Auch die Renovierung der Chefetage mit schicken Möbeln für 1,4 Millionen Euro sorgte für Unmut, zudem wird ein London-Trip Schlesingers hinterfragt.

Im Kern geht es um die Frage, ob die Senderchefin und der Senderchefkontrolleur Wolf miteinander einen zu laxen Umgang bei der möglichen Kollision von beruflichen und privaten Interessen gepflegt haben könnten. Es läuft eine externe Untersuchung einer Anwaltskanzlei, Ergebnisse liegen noch nicht vor. Sie werden erst in Wochen erwartet.

Weitere personelle Konsequenzen

Es gab bereits weitere personelle Konsequenzen, vor Tagen wurde die Leiterin der Intendanz, Verena Formen-Mohr, mit sofortiger Wirkung freigestellt. Sie gilt wie Wolf als Weggefährtin Schlesingers. Die Frage ist, ob es noch weitere personelle Veränderungen an der Senderspitze geben wird. Auch die Zusammensetzung der Gremien Rundfunkrat und Verwaltungsrat wurden in den vergangenen Wochen hinterfragt.

Der RBB-Redaktionsausschuss hatte vor der Rundfunkratssitzung in seiner Stellungnahme «Alles offen legen!», die der Deutschen Presse-Agentur vorlag, das Gremium aufgefordert, alles ihm Mögliche zu veranlassen, dass sämtliche Verträge, Boni, leistungsabhängige Gehaltsanteile, Prämien, Geschäfts-, Wirtschafts- und Sonderberichte im Sender offengelegt werden.

Weiter hieß es, auch der Rundfunkrat müsse sich seiner Verantwortung stellen. Der Ausschuss fragte, wie es sein könne, dass offenbar sämtliche Kontrollmechanismen versagt hätten.

Schlesingers Posten hat nach ihrem Rücktritt am Sonntag vor einer Woche der Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter übernommen. Er wird sich am Dienstag im Hauptausschuss des brandenburgischen Landtags in Potsdam Fragen stellen. Im Juli hatte Schlesinger eine Einladung ausgeschlagen, was fraktionsübergreifend für Empörung gesorgt hatte.


Bildnachweis: © Carsten Koall/dpa
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