5. September 2022 / Aus aller Welt

Tödlicher Maskenstreit: Anklage fordert lebenslange Strafe

Der tödliche Schuss nach einem Streit um die Maskenpflicht in Idar-Oberstein sorgte bundesweit für Entsetzen. Die Anklage fordert nun, die besondere Schwere der Schuld festzustellen.

Der Angeklagte (l) soll im vergangenen Jahr den Mitarbeiter einer Tankstelle erschossen haben, nachdem dieser ihn auf die coronabedingte Maskenpflicht hingewiesen hatte.

Im Prozess um den tödlichen Schuss auf einen Tankstellen-Mitarbeiter im Streit um die Corona-Maskenpflicht hat die Staatsanwaltschaft lebenslange Haft für den Angeklagten gefordert. Außerdem solle die besondere Schwere der Schuld festgestellt werden, sagte Oberstaatsanwältin Nicole Frohn am Montag in ihrem Plädoyer vor dem Landgericht Bad Kreuznach.

Sollte das Gericht dem folgen, wäre eine Haftentlassung des heute 50-Jährigen bei einer Verurteilung zu einer lebenslangen Haft nach 15 Jahren ausgeschlossen. Die Tat vor knapp einem Jahr im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein sei das erste Mal gewesen, dass es in Deutschland im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen zu tödlicher Gewalt gekommen sei, sagte Frohn. Das große Medieninteresse an dem Strafverfahren beweise, dass der Fall die Öffentlichkeit weiter bewege. Nach ihrer Ansicht gibt es in dem Prozess eine «eindeutige Beweislage» für den Tatvorwurf Mord.

Laut Staatsanwaltschaft soll der angeklagte 50-jährige Deutsche den 20 Jahre alten Tankstellen-Mitarbeiter am 18. September 2021 in Idar-Oberstein getötet haben, nachdem dieser ihn mehrfach auf die coronabedingte Maskenpflicht hingewiesen hatte. Die Mutter des Opfers ist Nebenklägerin. Das Plädoyer der Verteidigung wird für diesen Freitag (9. September) erwartet.

Staatsanwältin: Angeklagter leugnet Pandemie

Für den Angeklagten sei das Corona-Virus nur eine Art Grippevirus gewesen, eine Krankheit namens Covid-19 habe er geleugnet, sagte die Anklagevertreterin. Die Corona-Maßnahmen habe er als sinnlos und ungerechtfertigt empfunden - allen voran die Maskenpflicht. Verantwortlich für die Situation habe er vor allem die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel und den damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) gemacht. Im Laufe des Lockdowns habe er sich immer weiter radikalisiert, er habe Gegner «in die Gaskammer schicken wollen». Er habe, wie aus zahlreichen Chats im Internet hervorgehe, immer wieder mit Gewalt beispielsweise gegen die Polizei gedroht.

Die Tat sei als «heimtückischer Mord aus niedrigen Beweggründen zu bewerten», sagte Frohn. An die von ihm verantwortlich gemachten Politiker wie Merkel und Spahn habe der Angeklagte nicht herankommen können. Den Kassierer habe er für die Corona-Situation mitverantwortlich gemacht, da dieser geholfen habe, die staatlich verordneten Maßnahmen durchzusetzen. Er habe den jungen Mann stellvertretend für alle erschossen, auf die sich seine Wut wegen der Maskenpflicht und anderer Maßnahmen gerichtet habe. Das Opfer sei arg- und wehrlos gewesen, daher sei das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt.

Alkoholisiert - aber schuldfähig?

«Der Angeklagte war voll schuldfähig», sagte die Oberstaatsanwältin. Er sei zwar mit einem Promillewert von laut Gutachten vermutlich etwa zwei Promille «erheblich alkoholisiert» gewesen, das bedeute aber nicht automatisch, dass der 50-Jährige nicht zurechnungsfähig gewesen sei. Seine Steuerungsfähigkeit sei noch vorhanden gewesen.

Kritisch äußerte sie sich über die «ständigen Verzögerungen» in dem Prozess, für die sie die Verteidigung mit immer neuen Beweisanträgen indirekt verantwortlich machte. Diese Verzögerungen seien für die Mutter des Opfers eine große Belastung gewesen. Und sie frage sich auch, ob es im Sinne des Angeklagten sei.

Die Nebenklage schloss sich den Anträgen der Staatsanwaltschaft «in vollem Umfang und voller Überzeugung an». Auch sie sehe keine Gründe für mildernde Umstände, sagte die Anwältin der Mutter.


Bildnachweis: © Sebastian Gollnow/dpa
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