22. Juni 2023 / Aus aller Welt

Verschollene «Titanic»-Abenteurer: Wer sucht wie?

Es ist ein hochkomplexes Unterfangen: Aus der Luft, auf dem Wasser und in der Tiefe wird intensiv nach der vermissten «Titan» und den fünf Insassen gesucht. Aus mehreren Ländern kommt Unterstützung.

Koordinator Jamie Frederick spricht während einer Pressekonferenz auf dem Stützpunkt der US-Küstenwache in Boston.

Seit Sonntagvormittag (Ortszeit) wird das Tauchboot «Titan» vermisst, mit dem fünf Menschen zum berühmten Wrack der «Titanic» tauchen wollten. Der 1912 gesunkene Luxusdampfer liegt vor der Küste Nordamerikas in rund 3800 Meter Tiefe. Etwa eine Stunde und 45 Minuten nach Beginn des Tauchgangs riss der Kontakt zwischen «Titan» und Mutterschiff «Polar Prince» ab.

Seitdem hat sich die Suche nach dem Tauchboot und seinen Insassen immer weiter intensiviert - Schiffe, Flugzeuge und Geräte aus mehreren Ländern und von privaten Anbietern kamen dazu. Das Ganze ist ein Wettlauf gegen die Zeit: Nach Schätzungen der Behörden könnte der Sauerstoff an Bord mittlerweile verbraucht sein. 

Die Kosten für das Unterfangen dürften in die Millionenhöhe gehen. Wer sie letztlich tragen wird, muss noch geklärt werden und hängt auch davon ab, ob die Teilnehmer spezielle Versicherungen für das Abenteuer abgeschlossen hatten.

Fachleute arbeiten rund um die Uhr an der hochkomplexen Such- und Rettungsaktion. Ein Überblick über die Beteiligten und ihre Geräte:

USA

Die US-Küstenwache informiert regelmäßig über den Stand der Aktion und hat ihre Kräfte angesichts des sich schließenden Zeitfensters verstärkt. Die Anzahl der Einheiten an der Wasseroberfläche sowie der ferngesteuerten Unterwasserfahrzeuge werde noch einmal erhöht, hieß es am Mittwoch. Der Einsatzort mache es «außerordentlich schwierig, große Mengen an Ausrüstung schnell zu mobilisieren».

Die US-Marine steht zur Unterstützung bereit. So helfen Experten des Militärs der Küstenwache bei der Auswertung von Unterwassergeräuschen, die auf das Tauchboot hindeuten könnten. Ein kanadisches Aufklärungsflugzeug hatte am Dienstag und Mittwoch Geräusche unter Wasser festgestellt. Die Daten seien unmittelbar an die Experten weitergeleitet worden, sagte Jamie Frederick von der Küstenwache. Man wisse noch nicht, was die Geräusche erzeugt habe.

Die US-Marine hatte auch angekündigt, das Tiefsee-Bergungssystem «Fadoss» nach Neufundland zu schicken. Die Marine beschreibt es als «tragbares Schiffshebesystem, das eine Tiefsee-Hebekapazität von bis zu 27 Tonnen für die Bergung großer und schwerer versunkener Objekte wie Flugzeuge oder kleine Schiffe bietet.

Kanada

St. John's, die Hauptstadt der kanadischen Provinz Neufundland, ist der Heimathafen, von dem aus der Anbieter Oceangate seine «Titanic»-Touren startet. Etwa 650 Kilometer südöstlich davon, rund 950 Kilometer östlich der Küste des US-Bundesstaats Massachusetts, liegt das Wrack der «Titanic». Kanada unterstützt die von der US-Küstenwache geleiteten Suchmaßnahmen auf vielfache Art und Weise:

Ein Seeaufklärungsflugzeug der kanadischen Luftwaffe ist für Sonar-Messungen im Einsatz. Sogenannte Sonobojen werden von einem Flugzeug abgeworfen und sinken auf die erforderliche Tiefe. Ein Oberflächenschwimmer mit einem Funksender sichert die Kommunikation zwischen Sonar und Flugzeug. Die Sonargeräte senden Schallenergie aus und warten dann auf das Echo eines Unterwasserobjekts. Sobald das Gerät das Echo auffängt, überträgt es die Informationen an die Oberfläche.

Mehrere Schiffe der kanadischen Küstenwache und Marine sind im Einsatz, auf dem Weg oder stehen bereit. Darunter ist eines, das eine Dekompressionskammer und medizinisches Personal an Bord hat. Ein weiteres verfügt über ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge. Am Donnerstag erreichte ein Tauchgefährt des Schiffs «Horizon Arctic» den Grund des Atlantiks.

Frankreich

Ein französisches Spezialschiff, das mit dem für große Tiefen geeigneten Tauchroboter «Victor 6000» ausgestattet ist, soll auch bei der Suche helfen. Das Forschungsschiff «Atalante» des Meeresforschungsinstituts Ifremer, das für den Einsatz von einer anderen Mission umgeleitet wird, kam in der Nacht zum Donnerstag im Suchgebiet an und begann mit dem Tauchgang von «Victor 6000».

«Victor 6000» ist ein Roboter, der von der «Atalante» aus über eine bis zu acht Kilometer lange Schnur ferngesteuert wird und bis zu einer Tiefe von 6000 Metern arbeiten kann. Er ist mit Kameras mit starken Scheinwerfern ausgestattet, die es laut Ifremer-Direktor Olivier Lefort «ermöglichen, aus einer Entfernung von 20 bis 30 Metern zu sehen». Der Roboter ist außerdem mit einem Sonar-Gerät ausgestattet, «das eine metallische Masse aufspüren kann», sowie mit Metallarmen. Allerdings könnte der Tauchroboter das Tauchboot nicht allein hochziehen, wenn es dieses fände.

Private Initiativen und Unternehmen sowie Großbritannien

Auch einige nicht-staatlich betriebene Schiffe haben sich an der Suche beteiligt, darunter das Oceangate-Mutterschiff «Polar Prince». Außerdem ist auch die «Deep Energy» im Suchgebiet, ein Schiff unter der Flagge der Bahamas vom Energiebetreiber TechnipFMC, das normalerweise Unterwasserkabel und -rohre legt, und über ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge verfügt. Ebenfalls zur Hilfe kam das «Skandi Vinland», ein Schiff des norwegischen Energieunternehmens DOF, das ebenfalls über ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge verfügt.

Der «Explorers Club» in New York, in dem sich seit mehr als 100 Jahren Forschungsreisende zusammenschließen und in dem auch zwei Insassen der «Titan» Mitglieder sind, brachte zudem den Einsatz eines «Magellan»-Unterwasserfahrzeugs einer britischen Firma ins Spiel. Ein britisches Transportflugzeug brachte dieses spezielle Fahrzeug nach Neufundland. Auch ein britischer U-Boot-Fahrer unterstützt die Suche.


Bildnachweis: © Steven Senne/AP/dpa
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