24. Februar 2023 / Allgemein

Warendorf sollte Brinkhausbrache nutzen, um Touristen anzuziehen

Gute Ideen und interessante Köpfe beim Warendorf-Talk IV

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Warendorf sollte Brinkhausbrache nutzen, um Touristen anzuziehen

Gute Ideen und interessante Köpfe beim Warendorf-Talk IV

Warendorf. „Wir haben viele interessante Menschen hier in Warendorf. Mittlerweile tun wir uns schwer, aus der Fülle der Anfragen auszuwählen. Und die Liste ist lang“, stellte die Veranstalter- und Moderatorengemeinschaft Reinhard Hesse, Gerd Leve und Christoph Hess zu Beginn klar. In die vierte Runde ging am Donnerstagabend das Format „Warendorfer Köpfe“, das sich rund 180 Gäste nicht entgehen lassen wollten. Geboten wurde ein sowohl informativer, wie amüsanter und unterhaltsamer Abend. Ein Zweigespann machte den Anfang der munteren Fragerunde: Katharina Rottkemper und Stefan Kurlovic. Zwei Persönlichkeiten, die trotz Coronakrise den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt haben und nicht bereuen. Gleichgesinnten, die diesen Schritt ebenfalls wagen möchten, raten sie unisono: „Machen“. Stefan Kurlovich ist Gründer der Kosterei an der Emsstraße und wie er selber sagt, ein Zugereister, der voll akzeptiert wird. Seine Reise führte ihn von Dresden über Augsburg nach Sassenberg und von dort direkt ins Herz der Altstadt. Seine Expertise erarbeitete er sich mit Arbeit auf der Alm in Salzburg, als Zimmerer und dem Studium der Architektur, dass er erfolgreich begonnen, jedoch nicht abgeschlossen hat. Nach 20 Jahren im Dreischicht-Dienst, quittierte er seinen gut bezahlten Job und eröffnete die Kosterei. Anders als üblich zäumte Kurlovich dabei das Pferd von hinten auf. Der Standort war klar, die Geschäftsidee anfangs noch nicht. „Ich bin mit Zahnbürsten und Klopapier gestartet, was es dann ja plötzlich nicht mehr gab.“ Jetzt ist die eigene Kaffeerösterei ein wichtiges Standbein. Ebenfalls Reisende in Sachen Arbeit ist Katharina Rottkemper, die sich als Modedesignerin in der Emsstadt niedergelassen hat. Dem wenig nachhaltigen Modezirkus überdrüssig, gründete sie ein eigenes Lable, in dem Nachhaltigkeit eine große Rolle spielt. Der Grund: Bei Besuchen von Produktionsstätten in Asien stellte sie fest, dass die Arbeitsbedingungen dort mit ihren Werten nicht konform gehen. Die Coronakrise war für sie, wie auch für Stefan Kurlovic, Fluch und Segen zugleich. Sie parkte ihr Lable „Karo-Design“ und übernahm das Geschäft ihrer Mutter. „Da konnte ich dann mein Konzept weiter ausbauen.“ Neben Mode für Stillende, die es bis dato nicht gab, produziert Katharina Rottkemper mittlerweile in einer weiteren Gründung Dinge, die Menschen wieder zurück zur Natur bringen, wie Picknickdecken. Aufhorchen ließen dann die Wünsche des Duos an den Bürgermeister. Da die Oststraße immer bunter wird, „ich glaube an Zyklen und die Oststraße war schon einmal die Nummer Eins als Einkaufsstraße“, braucht es hier eine öffentliche Toilette, wie Kurlovich sagte. Katharina Rottkemper brachte das leidige Thema Brinkhausbrache zur Sprache, „die sollten wir touristisch erschließen und unter anderem für Cafés, Kneipen und ein kulturelles Angebot nutzen, um Menschen hier hinzubekommen.“ Viele andere Städte würden das bereits erfolgreich vormachen. 

Am 11. März anno 1996 erblickte Christian Homburg, im Jahr als Borussia Dortmund Meister wurde, das Licht der Welt. Erst spät stellte sich heraus, dass er an einer unheilbaren Muskeldystrophie leidet. Homburg ist nicht nur in Warendorf bestens bekannt. Seitdem er eine Petition eingebracht hat, weil rund 1,5 Millionen noch selbstständig lebende Menschen mit Behinderung während der Coronapandemie bei Hilfeleistungen übergangen wurden, ist er in ganz Deutschland kein Unbekannter mehr. Das Publikum erlebte einen jungen Mann, der trotz seiner deutlichen körperlichen Einschränkungen vor Lebenslust nur so sprühte. „Ich bin sehr dankbar, dass meine Eltern mich haben selbstständig aufwachsen lassen.“ Für Christian Homburg bedeutet sein E-Rollstuhl Freiheit pur. „Der muss nur mindestens zehn Stundenkilometer schnell sein“, sagte er schmunzelnd. Mit seinem Schicksal hadert er jedenfalls nicht. „Ich erinnere mich gern an die Abifahrt nach Wien, wie wir abends um die Häuser gezogen sind. Ich habe viel erlebt, wie viele andere auch.“ Genervt hätten ihn vor allem die „erwachsenen, nervigen Schulbegleiter“, die ihm zur Seite standen, denn die Selbstständigkeit ist ihm sehr wichtig. Nach seinem Abitur am Berufskolleg, absolvierte Homburg ein Praktikum bei dem Everswinkler Maschinenbauunternehmen Amsbeck. Im Anschluss ließ er sich bei Krupp-Polysius in Beckum zum technischen Produktdesigner ausbilden. Er wurde im Anschluss übernommen und leitet heute ein Team mit drei Vollzeitkräften und einigen Minijobbern. „Ich war das erfolgreiche Projekt Inklusion“, sagte er scherzhaft. Deutschland habe die Halbzeit in Sachen Inklusion geschafft, bemerkte Homburg, doch es gäbe noch viele Baustellen. Noch heute müsse er alle zwei Jahre dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen nachweisen, dass er behindert sei und das, obwohl die Krankheit als unheilbar gilt. Seine Botschaft für Menschen, denen es ebenfalls gesundheitlich nicht gut geht: „Therapiepläne einhalten, aber den Ärzten auch nicht alles glauben. Vor allem nicht sagen lassen, was man kann und was nicht.“ Was ihm wichtig ist, formulierte Christian Homburg so: „Sich an kleinen Dingen erfreuen und eine Tätigkeit ausüben, die einem Freude macht, ausfüllt und für andere einen Mehrwert stiftet.“ Von seinem Statement und seinen sehr persönlichen Einblicken in sein Leben wurde Christian Homburg vom Publikum mit stehenden Ovationen gefeiert.

Nicht mit Emswasser getauft ist Kreisdechant Peter Lenfers, ein weiterer Kandidat des Abends. Ihm sei die geistliche Hypothek seitens der Familie immer schwer auf den Senkel gegangen. Ohne das irgendein Onkel oder eine Tante etwas dazu getan habe, sei er dennoch auf den „Klops“ gekommen, Theologie zu studieren. Geprägt habe ihn die Messdienerei und die Kolpingfamilie, Griechisch und Latein als Leistungskurse seien das Fundament gewesen. Lenfers berichtete von seinen Stationen im Dienst der Kirche, wie im „mental verkrusteten Recklinghausen“, der „miefigen Kleinstadt Emsdetten“ oder seine Zeit im liberalen und offenen Wesel. Mit drei Pfarrern habe er vor Jahren eine Wohngemeinschaft gegründet, die auch beim Bischof Wohlwollen fand und die ihm in schwierigen Situationen hilfreich zur Seite stand. Lenfers berichtete auch, wie er Inspiration für die „Kirchenmaus“ und seine Predigten findet. „Ideen finde ich zum Beispiel beim Friseurbesuch. Und die beste Weihnachtspredigt habe ich im Sommer entwickelt.“ Als Präses bei den Bürgerschützen lag die Frage nahe, ob es jemals einen Karnevalsprinzen Peter II. von Glockenklang geben wird? „Am jüngsten Tag“, so der Kommentar. Die Frage, welchen Wunsch er an den Papst oder Bischof hätte, konterte Lenfers mit „wie lange haben sie Zeit?“ 

Als Letzte stand die charmanteste Radiostimme Warendorfs, Ina Atig, auf dem Podium. Sich selbst bezeichnete die Warendorferin als anstrengend, verrückt, fröhlich, unberechenbar, aber auch a(r)tig. „Morgens brauche ich erst einmal einen Kaffee und nach der Sendung ein Frühstück“, so die Radiomoderatorin, die hektische Zuckungen bekommt, wenn zum Abholungszeitpunkt die Biotonne nicht gefüllt ist. Weil in der Emsstadt keine Wohnung zu finden war, „das ist heute noch so“, hat es die Warendorferin vor Jahren nach Milte verschlagen. „Die Dorfgemeinschaft ist dort sensationell.“ Auch wenn Warendorf eine unfassbar schöne Stadt mit liebenswerten Menschen, die nicht stur sind, sei, würde sie nicht mehr hier herziehen. „Der Drops ist gelutscht.“ Was noch? „Pink Drinks – ob mit oder ohne Alkohol – gehen immer.“

Im Vorfeld der Talkrunde standen noch Prinz Uwe II. (Amsbeck) und Sunay Kocak im Rampenlicht. Sunay Kocak berichtete über ihre persönliche Betroffenheit zum Erdbeben in der Türkei. Auch wenn die Bürokratie nach Angaben des Auswärtigen Amtes gelockert worden seien, stellte Kocak fest, dass die Ansprüche des Amtes völlig realitätsfremd und demnach für die Betroffenen der Region nicht umsetzbar seien. „Wie sollen zum Beispiel Papiere vorlegbar seien, die im Schutt des Erdbebens verloren gegangen sind?“ Das ganze Ausmaß der Katastrophe sei überdies in Fernsehbildern nicht zu vermitteln. Sehr zu schaffen macht der Friseurin, dass sie selbst nicht helfen kann. „Ich habe da keine Macht.“

"Als Spätberufener habe ihn nicht nur der Karnevalszug überwältigt“, erzählte schließlich Prinz Uwe II. Die Besuche in Kindergärten und Grundschulen seien seine wichtigsten Begegnungen im Karneval gewesen. „Ich zähle heute schon die Tage, dass ich den Moritz wieder wecken darf.

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