12. Januar 2021 / Allgemein

Die Zukunft ist in Gefahr

Unsere Innenstädte dürfen nicht ausbluten

Die Zukunft ist in Gefahr

Unsere Innenstädte dürfen nicht ausbluten

Was fällt Ihnen spontan ein, wenn Sie an „verderbliche Ware“ denken? Die ersten Ideen sind vermutlich: Salat und Frischgemüse, Milchprodukte, frisches Fleisch und frische Wurst.

Denken Sie dabei auch an Winterpullover?

Ja, Winterpullover! Oder Übergangsjacken, Thermohosen, Frühlingskleider und alle aktuellen Modetrends! All das ist „verderbliche Ware“. Für die Modehändler. Denn diese Ware wurde vor einiger Zeit bestellt, ausgeliefert und liegt nun während des Lockdown wie Blei in den Regalen und „verdirbt“. Zumindest im übertragenen Sinn. Denn wenn die Geschäfte – niemand weiß wann – wieder öffnen, ist der größte Teil dieser Ware kaum noch verkäuflich. Neue Artikel für eine neue Saison sind dann bereit eingetroffen und die abzusehenden Rabattschlachten mit Verkaufspreisen weit unter dem Einkaufspreis bringen den Händlern einen deutlichen Verlust. Sofern sie die Ware überhaupt verkauft bekommen. Und dabei darf nicht vergessen werden, dass die Kauflust bereits vor dem Lockdown stark gebremst war.

Die strengen Corona-Maßnahmen treiben viele, vor allem kleinere Geschäfte in existentielle Not. Deshalb reagieren die Modehändler in Deutschland auf ihre prekäre Lage  mit einer Protestaktion und einer Social-Media-Kampagne, mit der die Branche an ihre missliche Lage erinnern will. Die am 11. Januar um 11 Uhr gestartete Aktion trägt den Namen „Wir machen AUF____merksam“, und darf nicht verwechselt werden mit der provokanten und von bestimmten Kreisen unterwanderten Aktion „Wir machen auf“. Die Teilnehmer versichern, dass man ausdrücklich nicht zu Demos oder zu  Ladenöffnungen aufruft, sondern sich an Regeln und Vorschriften hält! Die Initiatoren betonen ausdrücklich: WIR SIND KEINE CORONA LEUGNER! WIR SIND KEINE RECHTEN! WIR SIND KEINE SCHWURBLER! WIR SIND KEINE MASKENVERWEIGERER!

Gefordert wird entweder die Wiedereröffnung des derzeit geschlossenen lokalen Einzelhandels. Oder angemessene Entschädigungen, da das aktuelle Infektionsgeschehen in der Pandemie diese Öffnung nicht zulässt. Denn, so sagen es die Händler, der Modehandel gehört zu den  Branchen, die vom wiederholten Corona-Lockdown am stärksten betroffen sind. Zum einen wegen der „verderblichen Ware“ in den Regalen, die sich in anderen Jahreszeiten kaum bis gar nicht mehr verkaufen lässt. Zum anderen weil ständig Platz geschaffen werden muss für bereits fest bestellte nachkommende Artikel.

Die Zukunft ist in Gefahr seien, so der Aufruf zur Aktion, durch die Pandemie-Maßnahmen unmittelbar betroffen. Es drohen das AUS dieser Betriebe und der Verlust vieler Arbeitsplätze. In ganz Deutschland, auch in unserer Region. Esprit, Tom Taylor und Bonita hat es bereits getroffen, die Modekette Adler hat gerade erst aufgeben müssen.

Vor diesem Hintergrund beteiligt sich auch Warendorfs größtes Modehaus, das Modeerlebnishaus Ebbers, an der Aktion und weist mit Großbannern am Haus darauf hin. Christoph Berger spricht Klartext. „Die Ware wird alt!“, sagt er und zitiert ergänzend die Statistik des Instituts für Handelsforschung aus Köln.  Demnach sehen sich zwei Drittel aller innerstädtischen Modehändler in der Existenz bedroht. „Es müssen jetzt Hilfen kommen und sie müssen schnell kommen“, bekräftigt Berger. Es sei erkennbar, dass die Politik  keine Ahnung von der Kostenstruktur des Modehandels hat. „Die Politik schätzt die Dramatik der  Umsatzverluste als zu harmlos ein“, führt Berger aus und erläutert die Hintergründe: „In der Industrie gibt es einen Anteil von flexiblen Kosten, der sich schnell runterfahren lässt wenn die Maschinen still stehen. Wir Händler haben einen hohen Fixkostenanteil und einen langen Beschaffungsvorlauf. Deswegen ist es für uns schwieriger, kurzfristige Schwankungen aufzufangen.“

Kein Umsatz bei bleibenden Kosten. Das zehrt die Reserven auf des Modehauses mit der 120jährigen Geschichte auf. Trotzdem sagt Berger: „Ich bin überzeugt, dass wir auch diese  Pandemie überstehen werden, wenn wir kurzfristig unser Modehaus wieder öffnen dürfen und von Seiten der Politik finanzielle Hilfestellung bekommen. Wir möchten weiterhin das Modeerlebnishaus in Warendorf und im Münsterland sein.“

Die Plakate und Banner, die man seit dem 11. Januar in vielen Warendorfer Geschäften sehen kann, sind nur ein Teil der Aktion. Denn außerdem sollen möglichst viele Modehändler sich und die Mitarbeiter mitsamt Plakat fotografieren und die Fotos über möglichst viele Social-Media-Kanäle verbreiten. Je mehr Händler dies tun, desto größer sind die Chancen, dass die Politik sie erhört. Damit die Innenstädte nicht ausbluten, sondern weiterhin lebenswerte Orte bleiben und eine Zukunft haben!

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