Die Grippe-Verbreitung in Deutschland bleibt in der zweiten Saison in Folge stark unterdurchschnittlich. Seit Anfang Oktober 2021 sind weniger als 5000 im Labor bestätigte Fälle gemeldet worden, wie aus dem Wochenbericht der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) am Robert Koch-Institut (RKI) von Mittwochnachmittag hervorgeht. «Im Vergleich mit den letzten fünf vorpandemischen Saisons sind diese Werte weiterhin sehr niedrig.» Vor einem Jahr seien allerdings sogar nur knapp 500 Fälle erfasst worden. Hinweise auf eine erneut ausbleibende Grippewelle hatten zuvor bereits Krankenkassen geäußert. Es gibt allerdings mit Luxemburg, Dänemark und Bulgarien andere europäische Länder, die laut EU-Gesundheitsbehörde ECDC derzeit - neueste Angaben sind von Ende März - von einer hohen beziehungsweise sehr hohen Intensität der Grippe-Verbreitung berichten. Auch in Deutschland hätten die Fallzahlen in den vergangenen vier Wochen stark zugenommen, heißt es im AGI-Bericht. Angesichts einer unbekannten Zahl an Tests können die Autoren aber nicht sicher einschätzen, ob der Anstieg eine tatsächliche Zunahme zirkulierender Grippeviren bedeutet oder nicht. «Ob sich doch noch eine richtige Grippewelle entwickeln kann, können wir nicht sagen. Die Wahrscheinlichkeit einer deutlich steigenden Influenza-Aktivität in den kommenden Wochen verringert sich, je weiter das Frühjahr voranschreitet», teilte eine RKI-Sprecherin auf Anfrage mit. Eine weiter dämpfende Rolle spielten voraussichtlich auch die baldigen Osterferien - bei Influenza seien Kinder sonst immer besonders früh betroffen. Als Hauptgründe für die stark gebremste Influenza-Verbreitung gelten Corona-Maßnahmen und Reisebeschränkungen seit Beginn der Pandemie. Dies ist nicht nur in Deutschland beobachtet worden. Eine Folge: Die Vielfalt an nachgewiesenen Grippeviren hat sich in der Zeit stark verringert, wie Forscher um Vijaykrishna Dhanasekaran von der University of Hongkong vor einigen Tagen im Fachblatt «Nature Communications» berichteten. Die sogenannte Influenza B/Yamagata-Linie scheine sogar seit Mitte 2020 ausgestorben zu sein. Die Autoren äußern eine Reihe von Sorgen: Sie erwarten wegen der ausgebliebenen Grippewellen eine verringerte Immunität in der Bevölkerung und sehen ein Risiko schwererer künftiger Epidemien. Besonders problematisch könnte dies demnach für Kinder sein, die nun ihre ersten prägenden Grippeinfektionen verpassten. Herausforderungen sieht die Gruppe auch bei der jedes Jahr nötigen Anpassung der Grippe-Impfstoffe: Die Vorhersage, welche Viren im Winter zirkulieren werden und daher berücksichtigt sein sollten, wird längere Zeit vor der Grippesaison getroffen. Dabei stützen sich Experten normalerweise auf Erfahrungen aus dem Winter auf der Südhalbkugel. Weil sich Influenzaviren zwischenzeitlich aber noch einmal stark verändern können, fällt der Impfschutz nicht jedes Jahr sehr gut aus. Durch die nun ausgebliebenen Wellen drohen passgenaue Impfstoffe ein noch schwierigeres Unterfangen zu werden. Die Ungewissheit bei dem Thema biete einen weiteren Anreiz, rasch sogenannte Universalimpfstoffe weiterzuentwickeln, die im Vergleich zu den bisherigen Vakzinen einen breiteren Schutz vermitteln könnten, schreibt das Team. Für denkbar hält es dabei den Einsatz der mRNA-Technologie, die die Firmen Pfizer/Biontech und Moderna für Covid-19-Impfstoffe nutzten.Wahrscheinlichkeit verringert sich
Steigt das Risiko schwerer Epidemien?
Bildnachweis: © Maurizio Gambarini/dpa
Copyright 2022, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten
Keine Grippewelle - Mögliche Folgen bereiten Sorge
Deutschland ist auch in dieser Saison von einer Grippewelle verschont geblieben. Die auch international stark abgeschwächte Influenza-Verbreitung könnte negative Folgen nach sich ziehen.
Meistgelesene Artikel
- 29. März 2024
Traditionelle Osterfeuer in Warendorf und Sassenberg
Gemeinschaftliches Zusammenkommen in gemütlicher Runde
- 2. April 2024
Herzrhythmusstörungen sicher und effektiv behandeln
Neue Behandlungsmethode für Vorhofflimmern im Warendorfer Josephs-Hospital
Jetzt kann der Frühling kommen
Neueste Artikel
- 29. April 2024
Extremhitze auf den Philippinen - Schulen schließen
Eine extreme Hitzewelle hat einige Länder in Südostasien fest im Griff. In Teilen Thailands und der Philippinen liegt die gefühlte Temperatur bei über 50 Grad. Es gibt schon Todesfälle.
- 29. April 2024
Sternschnuppen am Maihimmel: Die Eta-Aquariiden kommen
Bruchstücke des Halleyschen Kometen sind in den kommenden Tagen zu beobachten - wenn das Wetter passt. Ihren Höhepunkt haben die Aquariiden in der Nacht auf den 6. Mai.
Weitere Artikel derselben Kategorie
- 29. April 2024
Extremhitze auf den Philippinen - Schulen schließen
Eine extreme Hitzewelle hat einige Länder in Südostasien fest im Griff. In Teilen Thailands und der Philippinen liegt die gefühlte Temperatur bei über 50 Grad. Es gibt schon Todesfälle.
- 29. April 2024
Sternschnuppen am Maihimmel: Die Eta-Aquariiden kommen
Bruchstücke des Halleyschen Kometen sind in den kommenden Tagen zu beobachten - wenn das Wetter passt. Ihren Höhepunkt haben die Aquariiden in der Nacht auf den 6. Mai.