17. Januar 2023 / Allgemein

Wissenschaft in der Landwirtschaft

Forschungsprojekt testet digitale Landtechnik

Wissenschaft in der Landwirtschaft

Forschungsprojekt testet digitale Landtechnik

Die Zukunft der Landwirtschaft liegt in der Digitalisierung. Vertraut man den Herstellern moderner Landtechnik, liegen die Schlüssel zu mehr Ertrag, mehr Effizienz und sogar zu mehr Umwelt- und Gewässerschutz im Precision Farming: GPS-Steuerung, Multispektralanalysen der Pflanzen, Bodenanalysen und computergesteuerte Agrarmaschinen, die auf den Zentimeter und das Gramm genau düngen, säen und ernten. Für die großen Ackerflächen in Ostdeutschland ist das inzwischen auch unstrittig. Aber ob „Precision Farming“ auch auf den kleinstrukturierten Betrieben des Münsterlandes funktioniert, darüber lässt sich trefflich streiten. 
Die Technik-affinen und experimentierfreudigen Landwirte auf der einen Seite, die Traditionalisten und Skeptiker auf der anderen. Wer nun recht hat in dem Streit, ob moderne Technik auf münsterländischen Äckern etwas bringt oder nicht, sollte ein Forschungsprojekt der Fachhochschule Südwestfalen unter der Leitung von Prof. Dr. Mistele und Prof. Dr. Feil klären. Nach gut zweijähriger Forschungsarbeit wurden jetzt die wissenschaftlich erhobenen Ergebnisse präsentiert. Rund 120 Landwirte aus der Region waren in die DEULA gekommen. Sie alle wollten wissen, was unter dem Strich übrigbleibt – rote oder schwarze Zahlen!

Das Projekt „DigitalFarmPraxis“ war ein Forschungsprojekt der Europäischen Innovationspartnerschaft EIP. Daran beteiligt waren neben der FH Südwestfalen die DEULA Westfalen-Lippe, die Maschinengemeinschaft Freckenhorst, der BHD Agrar Service und fünf Landwirte aus dem Kreis Warendorf. Gemeinsam hat man in den Jahren 2021 und 2022 über 25 Feldversuche durchgeführt. Auf den Versuchsäckern wurden Mais und Getreide sowohl konventionell gedüngt, gesät und beerntet, als auch mit modernster Agrartechnik der Maschinengemeinschaft als Lohnunternehmen teilflächenspezifisch bewirtschaftet. Während der gesamten Vegetationsperiode wurden die Versuchsfelder und ihr Pflanzenwachstum beobachtet. Das Ziel bei der digital unterstützten Bewirtschaftung: Pflanzenwuchs auf gutem Boden gezielt fördern und auf Boden mit schlechterer Qualität weniger säen und weniger düngen, als ein Beispiel der verschiedenen Versuche. Die Ernteergebnisse wurden separat geerntet und die Ernte wurde sorgfältig verwogen. Zusätzlich wurde jeweils die Qualität des Erntegutes analysiert. Die Ergebnisse wurden sorgfältig wissenschaftlich aufgearbeitet. 

Wer jetzt eine abschließende, universell geltende Wahrheit erwartete, wurde enttäuscht: „Wenn wir Ihnen erzählen würden, dass Sie mit Precision Farming garantiert 20 Prozent mehr ernten, würden Sie uns im nächsten Jahr den Kopf abreißen“, erklärte Lukas Berwinkel-Kottmann bei der Ergebnispräsentation. Er ist für die Fachhochschule Südwestfalen für den Versuchsaufbau mitverantwortlich. Gemeinsam mit seinem Kollegen Jan Büscher von der DEULA hat er an der Front bzw. auf dem Acker die Versuche angelegt, gesteuert und schließlich ausgewertet. Dabei waren die Ergebnisse durchaus positiv: Im Schnitt wurden mit digitaler Unterstützung bei fast allen Versuchsanlagen höhere Erträge eingefahren als bei konventioneller Bewirtschaftung. Prozentual waren diese Mehrerträge nicht spektakulär, aber deutlich. Interessant wurde es dann aber, als die Mehrerträge gegen die Mehrkosten durch die digitale Technik der Maschinengemeinschaft aufgerechnet wurden. Prof. Dr. Jan-Henning Feil vom Fachbereich Agrarwirtschaft der FH Südwestfalen präsentierte die Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Und hier wurde deutlich, dass unter dem Strich trotz der höheren Maschinen- und Arbeitskosten sehr wohl bei fast allen Versuchsanlagen eine schwarze Zahl stand: In einzelnen Versuchen konnten bis zu 200 € pro Hektar mehr erwirtschaftet werden als auf konventionellem Wege! Und das sogar, wenn man die vergleichsweise niedrigen Getreidepreise der Jahre 2016 bis 2021 als Vergleichsgrundlage heranzieht. Bei den heute explodierten Getreidepreisen wäre der Gewinn noch viel höher!

Warum trotzdem keine Goldgräberstimmung aufkam, erklärt sich durch die Datenlage: Zwei Jahre sind für universell gültige Aussagen zur Wirtschaftlichkeit von Precision Farming einfach zu kurz, um alle äußeren Einflussfaktoren wie die unterschiedlichen Niederschlagsmengen in den Versuchsjahren 2021 und 2022 auszuschließen. Aber die moderne Technik sei eine sehr gute Versicherung gegen Ernteausfälle, besonders, wenn man die zunehmenden Klimaextreme berücksichtigt, so Berwinkel-Kottmann. Bewiesen sei hingegen, dass der Einsatz von digitaler Landtechnik auch auf den kleinen Schlägen des Münsterlandes funktioniert und dass die Skeptiker widerlegt wurden. Josef Debbert, einer der beteiligten Landwirte, brachte es abschließend auf den Punkt: „Mit jeder neuen Generation von Schleppern und Anbaugeräten wird die Technik leistungsfähiger. Irgendwann wird man gar nicht mehr darum herumkommen, diese Technik auch zu nutzen. Und wir haben gezeigt, dass das Sinn macht!“

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