15. November 2022 / Aus aller Welt

Fall Attendorn: Jugendamt räumt Defizite ein

Sieben Jahre lang wurde das Kind im Haus der Mutter im Sauerland festgehalten. Hätte das Jugendamt nicht früher einschreiten müssen? Möglicherweise habe es Versäumnisse geben, räumt die Behörde nun ein.

Im Fall des jahrelang isolierten und eingesperrten Mädchens im sauerländischen Attendorn hat das Kreisjugendamt erstmals Defizite eingeräumt. Die bereits 2003 erarbeiteten fachlichen Verfahrensstandards zum Kinderschutz seien «nicht in Gänze eingehalten worden», heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht von NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne).

Das Jugendamt beabsichtige, seine organisatorischen Strukturen zu überprüfen und sich dabei vom Landesjugendamt beraten zu lassen. Es werde daran gearbeitet, die internen Verfahrensstandards zu verbessern. So soll jeder Hinweis auf eine Kindeswohlgefährdung künftig dem Vier-Augen-Prinzip unterliegen.

Fachbereichsleiter Michael Färber erläuterte auf dpa-Anfrage, es seien vor allem Dokumentationsdefizite festgestellt worden. «Das ist nicht sauber dokumentiert worden», sagte er. So sei bei jedem Hinweis auf Kindeswohlgefährdung ein Meldebogen anzulegen.

Stellenplan erweitert

Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen das Jugendamt des Kreises Olpe sei abzuwarten, heißt es im Bericht der Landesregierung weiter. Für die Umsetzung des Landeskinderschutzgesetzes NRW sei der Stellenplan des Kreises Olpe 2022 um sechs zusätzliche Stellen erweitert worden. Die Besetzung der Stellen im Bezirkssozialdienst sei zum 01.01.2023 geplant.

Fast sein gesamtes Leben lang, beinahe sieben Jahre, soll das Mädchen von seiner Mutter und seinen Großeltern in deren Haus festgehalten worden sein. Vor zwei Jahren und vor einem Jahr waren dann beim Jugendamt im Kreis Olpe zwei anonyme Hinweise eingegangen. Am 23. September 2022 wurde die Achtjährige befreit.

Gegen die Mutter des Kindes und die Großeltern ermittelt die Staatsanwaltschaft in Siegen wegen Freiheitsberaubung und Misshandlung von Schutzbefohlenen. Sie geht davon aus, dass sie dem Mädchen fast sieben Jahre lang nicht ermöglicht hatten, «am Leben teilzunehmen» - nicht an Kita, Schule oder am Spiel mit anderen Kindern.

Die Ermittlungen erstrecken sich laut Staatsanwaltschaft aber auch auf das Jugendamt. Landrat Theo Melcher hatte bereits angekündigt, «verfahrensbezogene Vorgänge im eigenen Haus» würden geprüft.


Bildnachweis: © Franz-Peter Tschauner/dpa
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