Angst ist ohnehin ein schlechter Berater. Respekt hingegen hilft, Situationen besser einschätzen zu können. Vor allem, wenn die Situation ungewöhnlich ist. Und das wiederum ist sie eigentlich bei jeder Großtierrettung, denn bislang gibt es in Deutschland kaum Standards dafür. Was aber, wenn die Kuh in der Güllegrube oder das Pferd im Graben gelandet ist? Man ruft die Feuerwehr! Die wird schon wissen, wie man das Problem löst.
Das stimmt – zumindest in Warendorf und in Sassenberg. Denn am 14. September fand am Feuerwehrgerätehaus ein Seminar zum Thema Großtierrettung statt. Mit vielen theoretischen Informationen, anschaulichen Videobeispielen wie man es (nicht) macht, und nach 2,5 Theoriestunden schließlich mit praktischen Übungen die dazu führen sollen, dass Tier und Retter der Sache möglichst unbeschadet entgehen.
Das ist gar nicht mal so einfach, denn rein instinktmäßig haben Menschen die Angewohnheit, in Not geratenen Tieren auch unbedacht zu helfen. Ein Tier in Not kann allerdings unberechenbar sein und ein „Pferdekuss“ mitunter sogar tödlich. Also gilt es feste Regeln zu beachten, wie die 18 teilnehmenden Wehrleute erfuhren. Einer der einprägsamsten Begriffe dabei: Kick-Zone. Der ist leicht verständlich – eben da, wo Pferd, Kuh, Schaf usw. mit den Beinen hintreten können – ist aber unbedingt zu beachten. Damit so ein in Not geratenes Tier überhaupt ohne weitere Schäden gerettet werden kann, solle unbedingt ein Tierarzt verständigt werden der das Tier sediert, erfuhren die Teilnehmer von Lutz Hauch, dem Leiter des Seminars und Inhaber der Firma ComCavalo in Aldenhoven. Der ehemalige Berufsfeuerwehrmann ist Pferdesanitäter und zertifizierter Großtierretter. Gemeinsam mit Tierärztin Nicola Ohlmann aus Rothenburg ob der Wümme erläuterte er den Kameraden die möglichen Gefahren bei der Großtierrettung.
Doch auch ein sediertes Tier kann sich noch „spürbar“ bewegen. Es zu bergen, stellt bei mehreren Zentnern Lebendgewicht, beispielsweise 600 Kilogramm beim Pferd, keine leichte Aufgabe dar. „Großtier ist alles was größer ist als ein Schäferhund“, so die Definition. Gewicht also nach oben offen. Zur Bergung stellte Lutz Hauch zahlreiche Tricks vor, die sich die Wehren beschaffen, teils aber auch selber anfertigen können. Die bislang auch in Warendorf hin und wieder angewandte Improvisationsmethode mit Seilen und Schläuchen bewies sich als nicht optimal.
Drei verschiedene Szenarien wurden an diesem Samstag geübt. Der einfache Transport, die Bergung eines Pferdes aus einem Graben und die Bergung eines Pferdes aus einem Pferdeanhänger – bei Autounfällen eine durchaus nicht seltene Situation. Zum Schluss hing „Sam“, so der Name des Plastikzossen, noch spektakulär am Korb der Drehleiter, mit der man ihn ohne Kraftanstrengung transportieren kann.
Regelmäßige Weiterbildungen sind für Feuerwehrleute selbstverständlich. Für die Kosten steht ein Ausbildungsbudget seitens der Stadt zur Verfügung. Und im Zeichen guter Zusammenarbeit der Wehren hatten die 16 teilnehmenden Wehrleute verschiedener Warendorfer Löschzüge noch zwei Kameraden aus Sassenberg eingeladen.