1. Juni 2023 / Aus aller Welt

Faktencheck: Schadet mittags gießen den Blättern?

Wassertropfen bündeln die mittäglichen Sonnenstrahlen - und zack, hat das Blatt einen Sonnenbrand. Doch so einfach ist das mit dem Brennglas-Effekt nicht. Ein Faktencheck.

In der Morgensonne wird ein Goldfelberich gegossen. Lieber nicht mittags gießen, das schadet den Blättern. Aber ist da überhaupt etwas dran?

Lieber nicht mittags gießen, das schadet den Blättern. Ist da überhaupt etwas dran?

Behauptung: Blätter von Pflanzen können verbrennen, wenn man sie in der Mittagssonne gießt.

Bewertung: Nicht allgemein haltbar.

Fakten: Wenn Lichtstrahlen auf eine Linse etwa aus Glas treffen, werden sie gebündelt und laufen an einem Punkt hinter der Linse, dem sogenannten Brennpunkt, zusammen. Dort kann es sehr heiß werden - das ist auch der Grund, weshalb man mit Hilfe einer Lupe unter Sonnenlicht Papier und andere Dinge in Brand setzen kann.

Können Wassertropfen auf Blättern in der Mittagssonne ebenfalls einen solchen Effekt haben? Nicht wirklich. Die Wassertropfen hätten so gut wie nie die passende Gestalt, die nötig wäre, damit sie wie ein Brennglas wirken, erklärt der Physiker Gernot Münster auf einer Website der Universität Münster, auf der er sich mit populären Irrtümern in der Physik auseinandersetzt. Der Brennpunkt müsste sich zudem auf der Unterseite des Tropfens befinden, damit er auf dem Blatt liegt. Und das Sonnenlicht müsste im passenden Einfallswinkel auf den Tropfen treffen.

Zusammengefasst: Ein Tropfen müsste ideal einfallendes Licht auf die Oberfläche des Blattes bündeln - was selbst ein exakt halbkugelförmiger Tropfen nicht recht schafft. Wenn Wasser in der Sonne auf dem Blatt verdunstet, entsteht sogar ein kühlender Effekt. Enthält das Wasser indes Salze, die nach dem Verdunsten zurückbleiben, können diese die Zellen des Blattes schädigen.

Forschende der Universität Budapest widmeten sich schon vor mehr als zehn Jahren der Frage nach dem Brennglaseffekt: Sie ließen Sonnenlicht auf verschiedene Blätter scheinen, auf die sie kleine Glaskügelchen oder Wassertropfen verschiedener Formen und Größen gesetzt hatten. Zusätzlich simulierten sie diese Bedingungen am Computer. Ihr Ergebnis: Es sei unwahrscheinlich, dass auf glatten, haarlosen Blättern Wassertropfen bei Sonnenschein das Blattgewebe schädigen. Bei Blättern mit feinen Haaren könnten von diesen festgehaltene Tropfen indes tatsächlich einen Sonnenbrand verursachen - wenn deren Brennpunkte auf den flächigen Teil des Blattes fielen.

Auf ihren im Fachmagazin «New Phytologist» im Jahr 2010 erschienenen Artikel reagierte ein australischer Biologe mit einem wissenschaftlichen Kommentar. Er kommt darin zu dem Schluss, dass es weiterer Forschung bedürfe - etwa zur Temperaturschwelle, die überschritten werden müsste, damit es zu Blatt-Verbrennungen kommen kann. Es gebe in der Forschung auch erste Hinweise darauf, dass durch erhöhte Strahlungsintensität ein Teil des Systems geschädigt werden könnte, das an der Photosynthese beteiligt ist, schreibt der Biologe.

Allerdings sollte man generell eher morgens oder abends gießen: Wenn man Pflanzen in der prallen Mittagssonne gießt, verdunstet das Wasser relativ schnell, es wird also teilweise verschwendet. Einige Fachleute geben darüber hinaus zu bedenken, dass große Temperaturunterschiede bei Pflanzen eine Art Kälteschock hervorrufen können.


Bildnachweis: © Roland Weihrauch/dpa
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